Best of... September 2005

Jeff Jarrett sprach jüngst vom „Black Wednesday“ im Bezug auf World Wrestling Entertainment. Ich bevorzuge vom „Black August“ zu sprechen und diesen hinter mir zu lassen als eine tote Legende der Vergangenheit.

Und damit herzlich Willkommen zur neuen „Best of“-Ausgabe, die den September 2005 beleuchten wird. Eine bessere Voraussetzung gab es für eine solche Kolumne wohl selten, denn schlechter als der August kann ein Wrestlingmonat wohl kaum werden (Booker, das war keine Herausforderung). Ob es der WWE in meinen Augen gelungen ist, das Niveau im Keller zu finden und langsam wieder ins Erdgeschoss zu holen – wer mir gut und wer mir weniger gut gefallen hat – das lest ihr im Best of September 2005. Viel Spaß!

Beste Storylines und Fehden
1. Flair v Carlito
2. Ortons v Undertaker
3. Angle v Cena

Schon vor dem Summerslam hieß es, dass uns ein epochales Match zwischen Flair und Triple H erwarten würde. Nachdem dieses gecancelt wurde und Triple H’s Comeback für den 03.10 feststand, sprach eigentlich alles dafür, dass Flair an the Games Seite zurückkehrt und die Fehde langsam aber sich gestartet würde. Umso eigenartiger war dann die Ankündigung, Flair würde schon viel früher zu RAW zurückkehren – was in den meisten Augen kaum Sinn ergab. Tja, auch ich zweifelte, und doch ist hier etwas Großes entstanden. Flair kehrte beim Cabana zurück – das an sich noch nichts Besonderes. Auch, dass er sich mit Carlito in die Wolle bekam lag auf der Hand, schließlich passiert das immer so. Als das Gesprächsthema jedoch umschwenkte und das Thema „Championtitel“ angesprochen wurde, dämmerte mir, was WWE vor hatte. Zwei unheimlich charismatische Wrestler zweier Generationen, beide unheimlich over bei den Fans standen von jetzt auf heute in einer Fehde um den Intercontinental Championtitel, die absolut von Bedeutung war. Etwas doch mittlerweile sehr untypisches für den IC-Titel. Die Fehde wertete diesen geschichtsträchtigen Gürtel mehr auf als die Titelregentschaften von Shelton und Carlito zusammen. Für Carlito war es an der Zeit, den Gürtel abzugeben – gegen Flair war es für ihn keine Schande. Die Bedeutung für Flair und seine Legende brauche ich an dieser Stelle wohl kaum beschreiben... Und fürs Publikum ergab sich pures Entertainment. Eine kleine Fehde, die für alle Beteiligten den absolut besten Weg ebnete und nebenbei auch noch für Gesprächstoff in den Geschichtsbüchern sorgt. That’s what I call entertainment!

Der Undertaker ist eine Legende, das kann wohl kaum jemand bezweifeln. Dass Legenden ihren Zenit überschreiten können, haben uns in der Vergangenheit schon ganz andere bewiesen. Und auch wenn ich der festen Überzeugung bin, dass die aktuelle Situation dem Standing des Undertaker unwürdig ist, dann muss ich doch zugeben, dass die Fehde gegen das Orton-Pack die wohl beste seit seinem Deadman-Comeback ist. Die Fehde mit Booker T war ein Witz, die Dudley-Phase unwürdig hoch drei, die Titelfehde gegen JBL lieblos und dieses Etwas mit Heidenreich ein mittelschweres Desaster. Erst Orton stellte um WrestleMania einen halbwegs würdigen Gegner für den Deadman dar. Damals nur „halbwegs“, da sein Charakter alles andere als klar beschrieben war. Orton floppte als Face und wurde über Nacht ohne wirkliche Erklärung zum Heel, der den Undertaker herausforderte. Sein eigentlich abgelegtes Legend-Killer-Gimmick wurde wieder herausgekramt und die ganze Fehde wirkte damals irgendwie noch als Notlösung, um eine schöne WM-Card auf die Beine zu stellen.
Diese Phase hat Orton nun hinter sich gelassen. Sein Comeback war erfolgreich und sein Pinfall-Sieg gegen den Taker stellt ihn endgültig als würdigen Gegenpart dar. Durch die Einbeziehung des Bob Orton lässt man sich viele Hintertürchen offen. Ob man das Ganze zum aktuellen Zeitpunkt bereits durch ein Sargmatch beenden muss, sei mal dahingestellt. Aber dennoch sehe ich in Taker-Orton die momentan beste Smackdown-Fehde.

Cena gefiel mir immer besser und besser, was ich auch versucht habe in den vergangenen Kolumnen rüber zu bringen. Vom regelrechten Hasser habe ich mich zu einem, na ja Fan will ich nicht sagen, aber einem Befürworter seines Pushs entwickelt. Und doch kann er in meinen Augen RAW nicht tragen. Seine erste Fehde wurde von Jericho geleitet, diese hier von Kurt Angle und Eric Bischoff. Cena spielt den Outlaw ohne wirkliche Akzente, aber trotzdem passt er momentan noch in diese Rolle. Trotz aller Kritik gaben die Kontrahenten nämlich eine anspruchsvolle Fehde ab, die des Titels würdig war. Kurt Angle ist in einer beneidenswerten Form, vielleicht sogar in der besten seiner WWE-Karriere, was deutlich am Wirken innerhalb dieser Fehde zu spüren war. Und genau deshalb konnte ich mich im Nachhinein gar nicht mehr so über das Unforgiven-Ende ärgern wie ich es unmittelbar danach tat. Der DQ-Sieg bedeutet die Fortführung der Fehde, die noch unheimliches Potential in sich birgt. Durch den Poster-Spoiler des Taboo Tuesday wissen wir, dass es ein erneutes Aufeinandertreffen geben wird und mit Cena-Angle hat man für dieses Format den wohl bestmöglichen Main Event gefunden. Aber eines steht für mich fest und hängt mit dem Gesamterfolg der Storyline maßgeblich zusammen: Angle trägt die Fehde und nach Taboo Tuesday muss er auch den Titel tragen.

Schlechteste Storylines und Fehden
1. US-Title
2. Cade/Murdoch v Hurricane/Rosey
3. Cena v Bischoff

Mann, Mann, Mann. Es gibt Menschen, deren Job ist es, sich für andere Menschen interessante Geschichten einfallen zu lassen. Vergleichen wir das mit meinem Job: Mein Job ist es, funktionierende Programme zu schreiben. Tue ich das nicht, funktionieren meine Programme also nicht, dann habe ich ein Problem. Und genau deshalb klopfe ich wie ein behämmerter Coding in den Rechner, damit ich das Ergebnis meiner Arbeit als Erfolg werten kann.
Was machen Booker von Smackdown bitte den ganzen Tag? Nennen wir das Kind doch mal beim Namen: Sie machen einen miesen Job, einen unterirdischen. Chris Benoit ist ein zukünftiges Mitglied der Wrestling-Hall-of-Fame und einer der besten Aktiven in diesem Business. Booker T, so wenig ich ihn auch mag, ist 5-facher World-Champion und kann durchaus unterhalten, wenn man ihm die Rahmenbedingungen liefert. Christian ist so dermaßen offensichtlich die verdammte Zukunft des verdammten Wrestlingbusiness. Naja, und Jordan, ich hab nichts gegen Jordan. Mit diesem geballten Potential weiß man tatsächlich nicht mehr anzufangen als diese Grütze der letzten Wochen? Benoits Titelgewinn sollte ein Neuanfang für den United-States-Championtitel bedeuten. Aber nein, der Exchamp wird Woche für Woche in wenigen Sekunden gesquashed, der Titel hat ganze 60 Sekunden TV Time und verliert annähernd so schnell an Wert wie ich Haare. Nun gibt es halt einen Fatal4Way – ohne Geschichte, ohne Belang.

Ich bin enorm unzufrieden mit der Tag Team Situation bei World Wrestling Entertainment. Dieses habe ich bereits im letzten Monat deutlich beschrieben, an dieser Stelle möchte ich nahtlos daran anknüpfen. Zunächst gefallen mir die aktuellen World Tag Team Champions Lance Cade und Trevor Murdoch sehr gut. Ihr Gimmick gefällt mir und durch ihre unterschiedlichen Stile hat man enorm viele Möglichkeiten tolle Tag-Team Fehden aufzubauen. Der erste Versuch dies zu tun war ein Griff ins Gurkenglas. Aber wer kann es den Ex-Champs verübeln? Sie waren es schließlich nicht mehr gewohnt gegen heterosexuelle Non-Cruiserweights anzutreten. Wahrscheinlich kamen sie wie bei jeder RAW-Show der letzten Monate zum Ring, um die Heart Throbs zu besiegen und auf einmal standen da zwei Cowboys. Klar, dass man da erstmal doof guckt.
Beim Debut treten TNT (heißen sie jetzt eigentlich offiziell so??) gegen die Tag-Team-Champs in einem Non-Title-Match an. Das alleine ist schon armselig, weil man nämlich einfach keine anderen Face-Gegner für die Heels hatte. Sie gewinnen, bekommen ein Titelmatch bei einem Pay-Per-View und sind Champs. Und nun? Wer soll sie jetzt herausfordern? Hurricane und Rosey? Ross und Lawler? Lawrence und Philipp? Ich bin enorm unzufrieden mit der Tag Team Situation bei World Wrestling Entertainment.

Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich habe zunehmend Deja-Vues in den letzten Wochen. Zum Beispiel das Finish beim Unforgiven-Main-Event... Irgendwie hatte ich das Gefühl, so was ähnliches schon mal mit Batista und JBL gesehen zu haben. Oder dieser Kerwin White. Erinnert der Euch nicht auch an jemanden von früher?
Naja, egal. Aber ganz ganz oft muss ich in der letzten Zeit irgendwie an diese Phase denken, wo dieser Glatzkopf immer so viel Bier getrunken hat und sich auf einmal gegen den Boss aufbäumte. Erinnert ihr Euch? Schon ein paar Jahre her. Dieser Glatzkopf, er nannte sich glaube ich Klapperschlange oder so, war voll beliebt, weil er sich immer gegen den bösen Chef stellte. Als der Glatzkopf auf einmal Champion wurde, war sein Chef natürlich total aus dem Häuschen und versuchte alles, um ihm das Leben schwer zu machen. Hat er aber meistens nicht geschafft. Irgendwann haben die dann sogar mal gegeneinander gekämpft, so richtig um den Titel auch, obwohl der Chef ja gar kein Wrestler war. Mensch, wie hießen denn die? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall muss ich in den letzten Wochen und Monaten ziemlich oft an diese Zeit denken, wenn ich RAW gucke. An den bösen Chef - und an den Glatzkopf, den Outlaw den die Fans verehrten.
Hm, wie kam ich da jetzt drauf? Seht es mir nach, vielleicht kommt es mir auch nur so vor.

Ich entferne mich irgendwie immer weiter vom Produkt Smackdown. Woran das liegt lässt sich schwer sagen. Der Hauptgrund wird wohl sein, dass es mich einfach nicht so sehr interessiert, was da abgeht. Die Storys sind langweilig oder wiederholen sich. Die Charaktere blass, das Set zu stählern und kalt. RAW macht mir Spaß, nicht immer aber meistens. Ich kann den Punkt nur an RAW geben.

Beste Gimmicks
1. Kurt Angle
2. Ken Kennedy. Kennedy.
3. Burchill, Lashley, Murdoch, Vito & Co.

Kurt Angle ist zurück. Die Ukulele und der kleine rote Cowboy-Hut liegen hinter ihm. Genau wie das Stable mit Reigns und Jindrak. Angle ist wieder Angle. Der gefährliche Kämpfer, der durch nichts und niemanden aufzuhalten ist. Der Held, der bei Olympia die Besten der Besten bezwang und durch seine Erfahrung und Fähigkeiten dem ganzen Rest einfach überlegen ist. Die I-Regeln sind zurück.
Intensität – physikalisch beschreibt sie die Energie pro Zeit und Fläche. Intensiver war Angle nie, energischer, kämpferischer.
Integrität – die Übereinstimmung der persönlichen Werte mit dem Handeln. Angle steht für Amerika und Kontinuität, er repräsentiert den olympischen Gedanken ohne den olympischen Geist durch seinen Heel-Status zu beflecken. Er handelt aus seinen Werten heraus.
Intelligenz – die Fähigkeit, zu verstehen, Wissen anzuwenden und Sprache zu verwenden. Im Ring, wie auch am Mikrophon ist Kurt Angle neben Shawn Michaels der wohl beste Mann im RAW-Roster. Man merkt nicht, dass er eine Rolle spielt, insgeheim assoziiert man den Charakter den man sieht mit Kurt Angle, der Privatperson Kurt Angle.
Dieser Mann und niemand anderer muss die Nummer eins des Unternehmens sein. Er muss Champion werden und WWE wird sich erholen. Kurt Angle ist das Fundament der nächsten Zeit und ich verneige mich vor einem wahren – keinem selbsternannten – „Wrestling-God“.

Zu Mark Jindrak, Chris Masters, Shawn Stasiak und all den anderen sagte man zu Darstellung ihrer Charaktere wahrscheinlich etwas wie: „Ihr müsst Heat ziehen durch Arroganz, Selbstverliebtheit, Selbstvertrauen und einem gesunden Schuss Überheblichkeit!“ – Stasiak und Jindrak sind im Ansatz daran gescheitert, Masters scheint seine Linie zu finden. Doch ein Mann führt die beschriebenen Eigenschaften in Perfektion aus und wurde damit gleich zu Beginn mit einem Status belohnt, bei dem ich mir nicht sicher bin ob er wirklich so geplant war. Schon bei seinem ersten Auftritt bei Velocity erntete Ken Kennedy (damals noch Anderson) enorme Fanreaktionen, was absolut untypisch ist. Nach nur wenigen Auftritten steckte man ihn ins Smackdown-Roster und schenkte ihm außergewöhnlich viel TV-Time. Die Krönung alles Guten war der Sieg über Booker T. Diesen bewerte ich so enorm hoch, weil man Booker nicht mal in offensichtlichen Konstellationen wie bspw. gegen Kurt Angle oder Christian jobben ließ. Ken Kennedy hat unheimliches Potential – und ich meine bewusst beide möglichen Bedeutungen des Wortes „unheimlich“. Ich bin sehr gespannt, was man aus Kennedy macht und wie er in den nächsten Wochen eingesetzt wird. Ich hätte mir nach dem Backstage-Segment mit Sharmell beispielsweise ein tolles Dreieck zwischen ihm, Benoit und Booker T. gewünscht. Auch wenn es dazu nicht kam, bin ich der festen Überzeugung, dass wir uns diesen Namen unbedingt merken müssen: Mr. Kennedy.

Kennedy.

Eben dieser Ken Kennedy gehört zu einer Gruppe Männer, die mich insgesamt sehr positiv in die Zukunft blicken lassen. Nachdem man merklich weniger mit Altstars wie Booker T, Chris Benoit oder Big Show anzustellen wusste, war eines ganz klar: Nachwuchs muss her. Nach Sports-Entertainmant-, Gimmick- und Attitude-Phase muss mal wieder eine weitere Epoche her. Die Masse der Jungstars hat in meinen Augen das Zeug dazu. Im Gimmick der RAW-Tag-Champs sehe ich, wie oben schon beschrieben, ungeheures Potential – nur die Gegner fehlen. Die neue Form des FBI gefällt mir immer besser, die Mexicools können eine zentrale Macht im Smackdown Roster werden. Paul Burchill ist ein Phänomen, dass es zu Großem bringen kann und William Regal ist genau der Richtige, um ihm den Weg dorthin zu ebnen. Bobby Lashley ist eine imposante Erscheinung mit großartigen Skills und die wiederkehrenden Spanky und Noble haben independent einmal mehr bewiesen, wie sie Shows bestreiten können wenn man sie lässt. Mit den beiden Titelgewinnen bei WrestleMania wollte man schon den Beginn einer neuen Ära beschreien. Mit den vielen neuen Gesichtern und jungen bereits etablierten Gesichtern wie Christian, Matt Hardy, Edge oder Chris Jericho könnte man eine großartige Zukunft für WWE bestreiten und ich hoffe inständig, dass man alles dafür tun wird.

Schlechteste Gimmicks
1. Hurricane / Rosey
2. Eric Bischoff
3. Kerwin White

Ich drehe mich im Kreis. Schon wieder lande ich bei der Tag Team Szene und namentlich benennen werde ich den Misserfolg mit dem Gimmick von Rosey und the Hurricane. In der Phase der Metamorphose von Gregory Helms zum Superhelden „the Hurricane“ war ich von der ganzen Sache noch sehr angetan. Segmente mit the Rock und dem „Hamburgerer“ sind legendär und in der Cruiserweight Szene wäre Helms eine unheimliche Bereicherung. Nachdem Jamal gefeuert wurde und Three Minute Warning nur noch aus Rosey bestand, entschloss man sich dazu, Rosey zum Sidekick von Hurricane zu machen. Auch das war alles noch in Ordnung. Die beiden etablierten sich als langfristiges Tag Team, was ich unheimlich klasse finde. Beim Turmoil Match (zu einer Zeit, als man noch 5 Teams zusammenbekam) belohnte man die beiden für ihr langes Engagement mit den Tag Team Titeln, doch tatsächlich ging es seit diesem Tage stetig bergab mit ihnen. Woche für Woche mussten sie die Heart Throbs besiegen, Woche für Woche wurden sie langweiliger und langweiliger. So lange, bis sie endgültig von Cade und Murdoch demontiert wurden. Mehr als einen Jobber-Status dürften sie damit nicht mehr haben – WWE hat sein letztes wirkliches Tag Team selbst begraben.

Nicht umsonst ist Eric Bischoff seit mehreren Jahren da wo er jetzt ist. Nicht umsonst durfte er die Rolle des General Managers über einen so langen Zeitraum spielen, während man bei Smackdown in regelmäßigen Zyklen wechselte. Was ich sagen will: Bischoff macht einen großartigen Job.
Umso peinlicher finde ich es, wie man seinen Charakter so massiv zerstört wie in den letzten Wochen. Er wird weinerlich dargestellt, seine Autorität wird von Mr. McMahon öffentlich untergraben – und dabei spielt er nur eine Rolle in der Neuauflage der Austin-McMahon-Fehde aus der Attitude-Ära. Vince hatte damals den Vorteil, dass man in keiner Situation an seinem Standing bei WWE zweifeln musste, schließlich war er tatsächlich der Boss und nicht nur im TV. Diesen Luxus hat Bischoff nicht. Er ist ein Angestellter und das wird dem Publikum zunehmend präsentiert. Den Gnadenschuss gab man Bischoffs Glaubwürdigkeit meiner Meinung nach bei RAW, als McMahon ihn unterbrach während Bischoff Angle zum Champ küren wollte. Ich bin sehr gespannt, wie das Match beim Homecoming-RAW verläuft und hoffe stark für Bischoff, dass man ihn irgendwie aus dieser Misere herausbekommt. Sonst war es das nämlich bald mit ihm.

Also, was man da mit Chavo gemacht hat, das geht ja wohl auf keine Kuhhaut. Als ich erstmalig davon hörte, dass man Chavo zu RAW getradet hatte, fragte ich mich schon, was man damit denn wohl bezwecken wollte. Im Internet erfuhr ich dann davon, dass er ein neues Gimmick bekommen hatte – und zwar nicht etwa als neuer Chavo Guerrero, sondern als komplett andere Person. Die Idee des Kerwin White Charakters ist an sich überhaupt nicht so verkehrt. Chavo hat Charisma, er ist gut im Ring und kann blendend unterhalten – aber in diesem Pollunder und dem Golfwägelchen ist er an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sich das Publikum für dieses Gimmick mit lauten „Boring“-Rufen bedanken wird. So schön das Match bei Unforgiven auch anzusehen war – Heat hätte es auch getan – denn Shelton Benjamin, Mister Non-Charisma himself, hat die Stimmung dieses Matches getragen, und das will schon was heißen. Kerwin White – Leute, das is’ nix.

Gimmicks – mein Lieblingsthema. Im Mainstream-Wrestling ist es nun mal so, dass nicht unbedingt die sportliche Leistung zum größten Erfolg führt, sondern lediglich die Ausstrahlung und die Präsentation des Charakters. Besonders hochziehen möchte ich mich an den vielen Jungen Leuten, die derzeit zu WWE stoßen. Sie sind die Zukunft. Smackdown erhält einen Punkt, weil ich mir verspreche, dass sie hier eher zum Zuge kommen als neben den großen RAW-Egos.

Wrestler des Monats
1. Ric Flair
2. Kurt Angle
3. Shawn Michaels

Wer klug zu dienen weiß, ist halb Gebieter.“ (Publilius Syrus (1.Jhd. v. Chr.))
Ric Flair war sich in seiner langen Karriere nie zu schade, seinen erarbeiteten Status dafür einzusetzen, junge Leute und das aktuelle Business nach vorne zu bringen. Nach außen hin ein Egomane, selbstverliebt und arrogant, hinter den Kulissen ein Profi. Ric Flair macht seit Jahrzehnten einen gigantischen Job und ist aus diesem Grund das, was er ist: Eine Legende.
Wie bereits oben geschrieben, war ich skeptisch, was sein frühzeitiges Comeback anging. Aber diesen Monat wird Flair wohl nie vergessen. Ric Flair ist der amtierende Intercontinental Champion – sein Auftritt bei Unforgiven war maßgeblich am Gesamterfolg der Veranstaltung beteiligt und wird noch lange diskutiert werden. In dem Moment, als er auf das oberste Seil kraxelte und einen Double Axe Handle Blow gegen Carlito zeigte, stand die Halle Kopf und wusste, dass sie hier gerade Geschichte erlebt. Ich fands großartig und verbanne Shawn Michaels von der gebuchten eins um mit WWE mitzuziehen: Sie gaben ihm den Gürtel, ich gebe ihm den September. Whoooo!

Kurt Angle muss verdammt noch mal WWE Champion werden und das so bald wie möglich. Angle hat in den letzten Wochen einen Status erreicht, der es ermöglichte, dass immer weniger nach Triple H gefragt wurde. Angle könnte HHH ersetzen, das konnte vorher noch niemand. John Cena hat viele Pluspunkte bei mir gemacht, aber es wird für ihn wieder Zeit, sich hinten anzustellen – hinter Kurt Angle. Ich bin wirklich überwältigt von der Leistung – im Ring als auch am Mikrophon und in Segmenten – von Kurt Angle, dass ich meinen Lobeshymnen weiter oben im Text einfach nichts weiter hinzufügen möchte. Angle lebt seine drei I’s und soll mit dem Titel dafür belohnt werden. Ich wünsche mir das ganz fest, Wrestlinggott erhöre mich.

Kommen wir zu Shawn Michaels. Dem großen Verlierer des Augusts. Was man dort mit ihm veranstaltete wurde nur durch den unwürdigen Abgang Chris Jerichos unterboten. Als ich dann hörte, dass sein nächster Gegner Chris Masters sein würde, freute ich mich zwar für Masters – für Shawn war es aber der denkbar ungünstigste Zeitpunkt für einen Job gegen einen Newcomer. Doch eben dieser Job war so offensichtlich, schließlich wollte man Masters weiterbringen. Man hat es nun aber geschafft, eine Fehde zu verfassen, die HBK als Sieger hat und nebenbei trotzdem Masters weitergebracht hat. Außerdem wurde durch die Fehde das Summerslam-Debakel geschickt überspielt und geriet doch recht schnell in Vergessenheit. So hat der Heartbreak Kid in kürzester Zeit seinen alten Status wiedererlangt, was wir ja auch jüngst beim „größten RAW-Main-Event aller Zeiten“ bewundern durften. Gewonnen haben zwar Hardy, Show, Cena und HBK, aber der Sieger des Kampfes war einzig und alleine Shawn Michaels.
So verwerflich der Summerslam und das Ende der Legend-Icon Fehde auch war, Shawn ist mit einem blauen Auge davon gekommen

Das stärkere Roster hat ganz klar RAW, zumindest wird es stärker präsentiert. Ich hoffe, dem Satz ein „noch“ hinzufügen zu können. Schon mehrfach hab ich erwähnt, dass ich auf Burchill, Lashley, Kennedy und Co. ganz große Stücke setze. Für den Moment punktet hier aber natürlich RAW.

Matches und PPV-Tops
1. Steel Cage /Unforgiven
2. Kerwin v Shelton /Unforgiven
3. Angle v. Cena /Unforgiven

In dieser Rubrik werde ich wahrscheinlich parteiisch sein, dafür entschuldige ich mich im Vorfeld. Während ich zu RAW weiterhin alles bis ins Detail verfolge, schaue ich mir Smackdown doch nur recht oberflächlich an. Ich habe mich daher dazu entschieden, für diese Rubrik keinen Punkt zu vergeben, da ich nicht objektiv genug beurteilen kann, welche Show im September das bessere Wrestling lieferte. Trotzdem ein paar Sätze zu meinen drei Favoriten des September-PPV’s:

Edge gegen Hardy ist eine der wohl launischsten Fehden der letzten Jahre. Es fing gigantisch an und fiel von ganz oben nach ganz unten. Es gab wieder Höhen und wieder Tiefen. Das Steel Cage Match von Unforgiven war für mich das bisherige Highlight nach dem starken Storyline-Start. Sehr betont agierten die beiden Männer gegeneinander. Sauber, distanziert und sehr stiff. Die Powerbomb von Edge gegen den Cage, der hart ausgeführte Twist of Fate von Matt gegen Lita. An diesen und anderen Aktionen konnte man sehen, dass hier kein rein sportlicher Wettkampf im Vordergrund stand. Mit dem Legdrop vom Cage werden wir Matt noch in vielen Rückblenden sehen. Allgemein lässt sich das Match so beschreiben wie den gesamten PPV: Schön anzusehen, aber kaum von Bedeutung.

Im besonderen Maße gilt dies für Shelton gegen Chavo. Wrestlerisch anspruchsvoll, aber stimmungsmäßig Heat-Niveau. Einziges Highlight, was die Stimmung anging war der Moment, in dem das Publikum Kerwin White als „Chavo“ bechantete und dieser wie wild schrie „I’m not Chavo, I’m Kerwin!“. Das gute Finish eines guten Matches war dann aber doch wieder Schablonenwrestling. T-Bone, Pinfall, Sieg. Gut, aber belanglos. Schade.

Zum zweiten Mal in Folge taucht John Cena in der Liste der besten Matches auf. Zum zweiten Mal hatte er aber auch einen Gegner, der Prädikat für diese Kategorie ist. Zwar langweilte mich der Main Event zu Beginn ein wenig, das Finish wurde aber sehr stark und spannend. Bis zum Abschluss natürlich, den man erneut lieblos nach Schema F gestaltete. Wie gesagt: Schön anzusehen, aber belanglos. Ich erwarte mehr.

Das Überflüssigste zum Schluss
1. Non-Tag-Team-Szene
2. Muhammad Hassan
3. Warteschleifen-Storylines

Gehen wir doch mal durch: Bei RAW gab es in den letzten Wochen ausschließlich Superhelden gegen Heart Throbs zu sehen. Bei Smackdown hieß es durch die Bank weg nur LOD gegen MNM. Und weiterhin kein Land in Sicht. Bashams – gesplittet. La Resistance – gesplittet. Dudleys gefeuert, Heart Throbs zurück in den Aufbau. Wir haben momentan eigentlich nur 4 richtige Tag Teams und zwei davon sind die Champions. Armseliger war die Szene selten. Begrabt sie und holt sie wieder heraus, wenn ihr reif dafür seid.

Oh Mann. Die Geschichte von Muhammad Hassan ist eine der ironischsten des laufenden Wrestlingjahres. Er wird gefeiert als bestes neues Gimmick der letzten Jahre, als einer der vielversprechensten Performer. Er wird zu Smackdown getradet um dort den Summerslam zu headlinen und womöglich World Heavyweight Champion zu werden. Der Summerslam ist nun einen Monat her und was ist Hassan? Richtig, arbeitslos. Eine WWE Erfolgsstory – powered by booking.

Ist das ätzend. Auf der einen Seite unheimlich schön, dass sich die Booker mal bequemen, langfristig für Storylines zu planen. Das Resultat des Ganzen ist aber, dass die langfristige Storyline letztendlich sowieso verbockt wird und uns bis zur geplanten Umsetzung nur Warteschleifen-Storys gezeigt werden. Eddie gegen Batista, Taker gegen Orton – Orton gegen Batista, das soll doch dabei raus kommen, der Rest ist nur Beschäftigungstherapie. Cena gegen Jericho, Benoit gegen Jordan, JBL gegen Batista, alles Warteschleife. Mir ist bei allem Frust natürlich auch bewusst, dass man in vielen Situationen gar nicht um eine Wartschleife drum herum kommt. Aber muss man es dem Fan denn wirklich so offensichtlich auf die Nase reiben?

Ach, und übrigens: Ich bin enorm unzufrieden mit der Tag Team Situation bei World Wrestling Entertainment.

Unterm Strich

Unterm Strich war der September genau das, was man erwartet hat: Besser als der August. Aber noch lange nicht gut. Irgendwie haben die neu formierten Roster noch nicht so recht zueinander gefunden, Storylines finden aneinander vorbei statt und die Shows stellen noch nicht die Einheit dar, die sie vor der Lottery waren. Aber der Trend geht natürlich zum Aufschwung.

Nach Showpunkten geht der September 2 : 1 an Raw.

Die Konkurrenz von WWE wird stärker, die Kritik am eigenen Produkt lauter. Und genau das ist es, was mich optimistisch sein lässt. Man legt mehr wert auf den Aufbau junger Leute, setzt auf langfristiges und versucht das Produkt zu verbessern. Dieses Vorhaben steckt momentan noch in den Kinderschuhen, aber ich bin voller Zuversicht, dass wir schon bald die ersten Früchte dessen betrachten können.

Ich wünsche euch viel Spaß im Oktober, ein hoffentlich spannendes No Mercy und natürlich eine gute Zeit,

Bis denn,

Euer Ben